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Lost in Media

Schlagwort: ARD

Überall Verzweiflung

Die ARD verabreicht seinen Zuschauern am langen Reformationstag-Wochenende etwas Besonderes. Hans Christian Schmid hat den Vierteiler “Das Verschwinden” inszeniert, mit Julia Jentsch in der Hauptrolle und vielen anderen gut besetzten Nebenpersonen. Eine dunkle fesselnde Geschichte über Familienverhältnisse in einem bayerischen Dorf, Crystal Meth und das Verschwinden einer fast erwachsenen Tochter. – In der FAZ schreibt nun Ursula Scheer am 21.10. eine Kritik zur Miniserie: “Es ist alles zum verzweifeln”. Im Artikel weist sie darauf hin, dass der Film “einen Sog allumfassender Depression” auszulösen beabsichtige und diesen Effekt wohl auch erreiche. Der Zuschauer wird vor dem Fernseher allein gelassen: tief hängende Wolken, kaum Musik, kein Trost, vor allem gibt es “keinen Humor”. Die Protagonisten leiden an innerem Schmerz, Schuld, Verzweiflung, auch Drogen und Gewalt gibt es. Soll man das dem Zuschauer – einmal angenommen, dass es z.B. Drogenprobleme im ländlichen bundesrepublikanischen Alltag gibt – überhaupt zumuten, sie haben ja schließlich nicht für schlechte Laune bezahlt. Frau Scheer meint: Nein. Das Fernsehen ist dazu da, zu unterhalten (wie am Sonnabend vorher: über vier Stunden Schlager mit Flori Silbereisen), die Wirklichkeit zu Verschönen, und wenn dann jemand mal eine anspruchsvolle Informationssendung gleich mit konsumiert, nahezu ohne es zu merken, ist das öffentlich-rechtliche Erfolgsmodell angekommen. Der ideale Gebührenzahler verliert auch nicht die gute Laune, wenn die eigene Tochter vermutlich tot ist oder mit ihren Freundinnen im Crystal-Meth-Milieu unterwegs ist. Jedes Problem kann, mit Humor kombiniert, zur bunten abendlichen Freude werden.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tv-kritik/epische-verzweiflung-die-ard-serie-das-verschwinden-15256142.html

Rechter Schenkel, linker Schenkel (TV/ARD) Beitrag in den Tagesthemen

Rüdiger Grube ist zu Besuch in Bayern. Nicht irgendwo, bei irgendwem, sondern im Keller des Ministerpräsidenten. Horst Seehofer empfängt den Chef der Deutschen Bahn allerdings nicht in politischer Mission, dieses Mal ist er einfach nur stolzer Modellbahner. Grube ist beeindruckt von den Ausmaßen der Bahnanlage. Seehofer erklärt sein geheimes Lebenswerk: Die Anlage stellt in nicht unerheblichen Teilen seine politische Biografie nach. Rechter Schenkel – Bonn, linker Schenkel – Bayern. Am Endbahnhof warten zwei Figuren. Die Playmobil-Kanzlerin ist nicht maßstabsgetreu, sie steht wie Godzilla am Bahnsteig. Daneben ein kleiner Sigmar Gabriel aus dem 3-D-Drucker. Seehofer lächelt und zeigt diesen merkwürdig seligen Ausdruck, den man von ihm schon oft gesehen hat, bei Interviews oder kurzen Pressestatements nach langen Sitzungen. Hier hat er den also her, im Keller ist er Mensch.

Woche 14 (April)

  • Eine Frau an der Front (TV/Arte) Serie
  • NSU: Mitten in Deutschland. Die Ermittler (TV/ARD) Fernsehfilm
  • Iggy Pop: „Sind sie müde oder sind sie krank“ (online/Spon) Interview/Artikel von Philipp Oehmke
  • Musikpreis: Quälend biederer Bausparvertragpop beim Echo (online/Berliner Zeitung) Artikel von Jens Balzer
  • In Flanders Fields (online) Gedicht von John McCrae aus dem Jahr 1915
  • Kunstszene in Berlin: So verändert sich der Kiez in Wedding (online/Berliner Zeitung) Artikel von Beate Scheder
  • Panama Papers: Die Deutschen in den Panama Papers (online/SZ) Artikel
  • Böhmermanns Erdogan-Satire: Ermittlungen gegen das ZDF (online/faz.net) Artikel

Herr Elmar von der CDU (TV/ARD) Talkshow Anne Will

Eingeladen ist auch Elmar Brok, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, um die Position der Kanzlerin zu erklären. Sie hatte in einem Telefongespräch mit dem türkischen Premierminister gesagt, das Schmähgedicht von Jan Böhmermann sei „bewusst verletzend“ gewesen. Herr Brok meint dazu, auch die Kanzlerin hätte ein Anrecht auf Meinungsfreiheit. Offenbar betrachtet er Gespräche zwischen gewählten Regierungsspitzen als Privatsache ohne politischen Gehalt. Wahrscheinlicher ist aber, dass er als optischer Gemütsmensch vorgeschickt wurde, um vom politischen Kern des Problems abzulenken. Mit einer schwer zu ertragenden Bräsigkeit versucht er einen politischen Akt der vorauseilenden Anbiederung nachträglich in eine private Geschmacksfrage umzudeuten. Es scheint fast so, als würde nach dem schon dümmlichen Telefonat, jetzt eine noch dümmere Argumentation hinterher geschoben. Brok formuliert in der Sache dermaßen bewusst unpolitisch, dass man ihm und seinen Auftraggebern jeden politischen Verstand absprechen müsste, wenn seine Argumente nicht noch einem anderen Zweck dienen würden. Sie sind nur zu begreifen als Aussagen 2. Ordnung, also als rein selbstbezügliche, mit denen eine eigentlich unfassbar klägliche politische Fehlleistung verschleiert werden soll: Mit ihrem Gerede hat die Kanzlerin offenbar versucht, den ständig beleidigten türkischen Präsidenten zu beschwichtigen. Dass sie dabei von einer bewussten Verletzung der Würde des Präsidenten sprach, nicht etwa von Satire, hat ihm erst die Tür geöffnet, um die strafrechtliche Verfolgung Böhmermanns zu fordern.

Woche 13 (März/April)

  • Lebensausflüge eines Austauschschülers (online/taz.de) Rezension von Detlef Kuhlbrodt zu Joachim Meyerhoffs Roman „Alle Toten fliegen hoch“
  • Mitten in Deutschland: NSU / Die Täter: Heute ist nicht alle Tage (TV/ARD) Fernsehfilm
  • Martin Walser: Ein sterbender Mann (Buch) Roman
  • Die Linkspartei hat das Politikmachen aufgegeben (online/faz.net) Artikel von Mechthild Küpper
  • Schleichende Zombifizierung (online/freitag.de) Essay, Blogbeitrag von René Korth
  • Big Gold Dream: Scottish Post-Punk and infaltrating the Mainstream (Kino) Dokumentarfilm von Grant McPhee
  • Erdogan Gedicht: Böhmermanns Satireschmäh (online/Über Medien) Kommentar von Stefan Niggemeier

Woche 10 (März)

  • Deine Demokratie (Online/Radiospot) Wahlaufruf zu Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
  • Karen Duve: Regenroman (Buch)
  • Boulevard der Dämmerung (TV/Arte) Film/R: Billy Wilder
  • Biathlon-WM (TV/ARD&ZDF) Sportübertragungen aus Oslo
  • Ich und Du (DVD) Film/R: Bernardo Bertolucci

Woche 5 (Feb)

  • Das Café am Island-Fjord 1&2 (TV/ZDFinfo) Doku-Soap
  • Das Unsichtbare Komitee: An unsere Freunde (Online/PDF) Text
  • Roche und Boehmermann Staffel 2, Folge 2 (Youtube/ZDFkultur) Talkshow
  • S.P.O.N. – Fragen Sie Frau Sibylle: Häme statt Humor (Online/Spiegel Online) Kolumne von Sibylle Berg
  • Der Clown (TV/ARD)/TV-Doku von Eric Friedler
  • „Der Clown“: Das verschollene Meisterwerk (Online/Zeit Online) Artikel von René Martens
  • The Hateful 8 (Kino) Film/R: Quentin Tarantino
  • Das Geschrei aus der Wagenburg. Deutschland hält das Haus (Online/SZ.de) Kommentar von Kurt Kister
  • Medienquartett: Bitte nicht stören! Hauptstadjournalisten unter sich. (Radio/Deutschlandfunk) Gespräch
  • Interview mit Giovanni Di Lorenzo (Online/Übermedien) von Stefan Niggemeier
  • Der Fall Uwe Barschel (TV/ARD) Fernsehfilm
  • Der Gott des Gemetzels (DVD) Film/R: Roman Polanski
  • Wir waren Könige (TV/Arte) Fernsehfilm
  • Superbowl (TV/SAT1) American Football Championship

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