michmaschine

Lost in Media

Kategorie: Derealisationen (Seite 2 von 2)

Derealisationen (2)

Ich stieß beim unkonzentrierten Lesen auf einen Absatz, in dem die Rede war von „ontologischer Angst“, und ich blieb an dieser Formulierung hängen, weil dieser philosophische Jargon etwas herausfiel aus dem Text, und ich fragte mich, warum sagt er nicht einfach: „Todesangst“. Ich las den Absatz nochmal und der beste Grund, den ich für diese Formulierung fand, war der, dass sie mich beim Lesen stolpern ließ und darauf aufmerksam machte, dass an dieser Stelle ein Gedanke entwickelt wurde, der nicht einfach überlesen werden sollte: Die „ontologische Angst“ nämlich sei für den Sohn mit dem Tod des Vaters verbunden, der, wenn er denn eingetreten ist, nicht mehr vor dem eigenen Ableben stehen würde, und der Sohn müsste nun quasi dem Tod direkt ins Auge blicken und dabei erkennen: Ich bin als nächster dran.

Vater tot, Sohn, Tod.

Alles verschwindet, nur die psychoanalytische Überhöhung der Vaterrolle nicht. Und die Tochter hat offenbar andere Probleme.

Derealisationen (1)

Ich dachte darüber nach, was sich eigentlich verändert hatte. Jedenfalls gab ich mich ganz dem Alltag hin – bloß nicht so oft an meine toten Freunde denken – und war dabei umgeben von den vielen kleinen Illusionen, die sich abmühen, das echte Sterben symbolisch zu überbieten: Filme, Spiele, Serien, schöne Schuhe und vieles andere, was sich kaufen lässt, Alkohol, Reisen und so weiter. Und nicht Nachdenken. Trotzdem lief alles weiter wie bisher.
Das war wohl eine Sackgasse.

Besser wäre es vielleicht, zwar einfach weiterzumachen, aber mit einem kleinen „Spin“, der das Selbstgespräch (über das irgendwie zu lebende Leben) von innen nach außen dreht. Wie soll das gehen? Für mich: Erstmal beginnend mit kleinen Notizen (Derealisationen), die nichts klären, sondern mit dem fahrigen Gedankenstrom in die eine, dann in die andere Richtung treiben.

Vielleicht hilft ein bisschen Animismus – „Der Animismus stehe in Beziehung zum Traumerleben, in dem die Grenzen des individuellen Bewusstseins gegenüber der Außenwelt aufgehoben seien und das Gefühl einer ursprünglichen Einheit und mystischen Verbundenheit, ja sogar einer Harmonie zwischen Psyche und Kosmos bestehe.“ (Wikipedia)

Seit kurzem sehe ich mich selbst auf der Zielgerade. Ohne Ziel natürlich. Ob das depressiv oder hellsichtig ist, wird sich ja bald zeigen. Die Zukunft schrumpft Tag für Tag. Was übrig bleibt, sollte möglichst nicht vertan werden. Wie verschwende ich die knappe Zeit am besten, so dass ich nicht ständig das Gefühl habe, es zu versauen. Verschwendung? Ja, was sonst, aber irgendwie auf höherem Niveau.

Das geht sicher nicht einfach so. Dem steht der Egomanismus (Ggs. von Animismus) entgegen. Schritt 1 zur Linderung: sich selbst fremd werden. Derealisieren.

„Derealisation (oder präziser Derealisationserleben) bezeichnet eine zeitweilige oder dauerhafte abnorme oder verfremdete Wahrnehmung der Umwelt (etwa von Um­gebung, Per­sonen und Gegenstän­den). Die Umwelt scheint dabei häufig als Ganzes plötzlich unvertraut, auch wenn jedes Detail problemlos wiedererkannt und eingeordnet werden kann. Derealisation steht in enger Beziehung zum Depersonalisationserleben, bei dem die eigene Person als fremd empfunden wird.“ (Wikipedia)

Neuere Beiträge »

© 2025 michmaschine

Theme von Anders NorénHoch ↑