Es war ja noch sehr sonnig, ich putzte meine Sonnenbrille mit einem dieser kleinen seidigen Tücher vom Optiker. Das Tuch sah aus wie ein Leichentuch, tiefschwarz, glänzend, die Ränder zackig wie Sägeblätter. Man hätte eine junge Feldmaus damit abdecken können oder einen sehr großen Käfer. Die Stimmung war dahin.
Waren diese Tücher früher nicht immer weiß gewesen? Früher – als die Dinge noch schön waren -, als man glaubte, es werde gut und dass es mit dem Krieg bald mal vorbei sein müsste, und man auch nicht dauernd so traurig war, irgendwem oder -was nachtrauerte, und sich nicht so sehr danach sehnte, dass alles ganz anders sei, die Arbeit, der Alltag, die Liebe, einfach alles, das eigene Leben, an dem nichts auszusetzen ist, außer dieser Unzufriedenheit. Vorbei. So ein Jammer.
Yoga, wird helfen, Körper und Geist, da hängt ja alles dran, eine ganze Philosophie, die östliche Weisheit, die kann nicht nutzlos sein; Meditation, oder lieber Therapie, natürlich, aber welche zahlt die Kasse?; und Urlaub muss sein, nur wohin, es ist überall so touristisch geworden; die Kinder sind aus dem Haus?, darauf hatte man doch gewartet, und jetzt?, jetzt kommen sie viel zu selten vorbei. Vorbei. Und die Weltlage?
Auf Youtube gibt es alles, Simon & Garfunkel zum Beispiel. Das ist so traurig, Sounds of Silence: Hello Darkness my old friend, hatte man früher nicht anders geweint, süßer, irgendwie? Wieso ist diese Live-Aufnahme schon 50 Jahre alt? Und David Bowie: Ist der wirklich tot? Leider, muss man sagen, ja, the King left the Building, richtig tot, nicht wie Elvis, der natürlich nicht auf der Toilette sitzend gestorben ist, sondern immer noch lebt, wie seine Fans wissen, in der Südsee oder auf dem Mond. Die Zeit der Unsterblichkeit ist vorbei. Nostalgie ist tödlich. Vorbei. Es ist zum Heulen.
Hypnotherapie, 120 Euro die Stunde, keine Kassenleistung, such dir deinen Wohlfühlort und begib dich dorthin, an einen Strand, auf eine Wiese, dein Kinderzimmer, der Wald von früher, als man noch nicht Spazieren gegangen ist, als Spazieren gehen einfach nur langweilig war, mit den Eltern, ach, die armen Eltern, die immer auf den Wegen blieben, such diesen Ort und begib dich dorthin, von da sieht die Welt ganz anders aus, und komm langsam zurück, bei Acht bist du wieder wach, und nimm dieses gute Gefühl mit in den Tag; aber eine Langzeitwirkung ist nicht belegt, das ist schnell vorbei.
Kauf dir mal was Schönes. Oder was Praktisches, eine neue Matratze zum Beispiel, vielleicht kommt die Schlaflosigkeit vom schlechten Liegen, bessere Schlafhygiene insgesamt wäre noch besser, oder doch was Schönes, ein Bild, eine künstlerische Fotografie, das ist mal was Neues, und es anzuschauen ist immer wieder interessant, für eine Weile, aber im Großen und Ganzen wäre die Matratze doch nötiger. Für eine neue Matratze ist es nie zu spät, lohnt sich das noch?, bitte, was für eine Frage, es wird wohl noch genug Zeit zum Schlafen bleiben, soviel Hoffnung muss sein.
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