Der Wunsch, das eigene Leben zu ändern, ist so allgegenwärtig geworden, dass die Unfähigkeit es wirklich zu tun, umschlagen könnte in das Gefühl, sterben zu wollen. Die Industrie und die Kunst halten dagegen, sie erfinden immer neue Möglichkeiten, die sekundäre Wunschproduktion anzuheizen, indem sie alle Lebensfragen mit Produktangeboten beantworten. Zwar verschwinden Depressionen nicht einfach nur deshalb, weil man nicht mehr an sie denken mag oder weil das Geld zum Shoppen niemals ausgeht, aber der Markt der Waren mit psychischen Gebrauchswert ist inzwischen so fein differenziert, dass es für jede Traurigkeit passende Trostdinge zu kaufen gibt. Der eigentliche Grund für das manische Kaufverhalten wird darüber vergessen. Das ist ein seltsames Schauspiel, ein Zombiestück über den totalen Mangel an Empathie für echte, noch lebende Menschen, die für die Herstellung unseres labilen seelischen Gleichgewichts geopfert werden. Houellebecq hat sich in Karte & Gebiet einfach die Freiheit genommen, den „Autor der Elementarteilchen“ nicht weiter fressen zu lassen: Er bringt sich um.